Dienstag, 20. Oktober 2015

Buch: Der leere Thron - von Bernard Cornwell

Vergangenen Juli erschien nach längerer Wartezeit endlich die deutschsprachige Ausgabe von Bernard Cornwells achten Angelsachsen- bzw. Wikingerroman. Normalerweise gehöre ich zu den eiligsten Käufern dieser Bücher - allerdings lag bei mir bereits einiges an anderem Lesestoff herum, sodass ich ausnahmsweise die Bestellung bis in den Herbst verschob. Und eigentlich konsumiere ich diese im Mittelalter angesiedelte Unterhaltungsliteratur ohnehin viel lieber in der kühleren Jahreszeit. Schwer zu sagen, woher diese Marotte rührt :)

Die Handlung von Der leere Thron (Rowohlt) schließt fast direkt an das Ende des Vorgängerromans - Der Heidenfürst - an. Uhtred, der alternde Held der Geschichte, leidet noch schwer an den bei der Schlacht von Tettenhall erlittenen Verwundungen. Zeit sich zu erholen findet er jedoch kaum, denn sein mit ihm verfeindeter Cousin Æthelred - der ungekrönte Herr des zur Hälfte von dänischen Wikingern besetzten Rest-Königreichs Mercien - ist gestorben und hat ein Machtvakuum hinterlassen. Ausgerechnet Uhtred fällt nun eine Schlüsselposition im sich anbahnenden Kampf um die Nachfolge zu, da er nicht nur der erfolgreichste Heerführer der Angelsachsen ist, sonder auch seit etlichen Jahren das Bett mit Æthelreds Witwe teilt. Diese möchte gerne selbst Herrscherin Merciens werden, um endlich ihr großes Ziel - die heidnischen Wikinger in ihre Heimatländer zurückzubugsieren - verwirklichen zu können. Diese Angelsachsen kannten eben den Begriff "Willkommenskultur" noch nicht :)

Wie man es vom Routinier Bernard Cornwell gewohnt ist, weist auch der neueste Roman dieser Reihe so gut wie keine Längen auf, sondern bleibt vielmehr von der ersten bis zur letzten Zeile spannend. Uhtred darf natürlich wieder einen Priester vermöbeln, während er das Abmurksen eines weiteren Gottesmannes großzügig seinem wohlgeraten Nachwuchs überlässt.
Da der Buchautor bei christlichen Fundamentalisten aufwuchs, liegt der Verdacht nahe, dass er mit den regelmäßig wiederkehrenden Schilderungen von Gewalt gegen Kleriker seine ganz persönlichen Fantasien in literarischer Form auslebt...

Obwohl auch Der leere Thron wieder voller Gemetzel ist, so ziehen sich diese nicht mehr dermaßen in die Länge, wie es bei einigen der Vorgängerbücher der Fall war; wofür ich durchaus dankbar bin, denn schlussendlich wiederholt sich bei Cornwells Schlachtenbeschreibungen mittlerweile so einiges.
Humor und Wortwahl sind auch diesmal wieder grob und wunderbar ordinär. Als beispielsweise Uhtred die Vorratskammern eines Bischofs leerräumt, meint er:
"Ich war darauf vorbereitet gewesen, mit Silber für das zu bezahlen, was wir brauchen. Nun aber beschloss ich, dass wir uns die Vorräte einfach nehmen würden, und der Bischof konnte von mir aus gegen den Wind pissen!"
Auch sehr blumig ist seine Wortwahl, als ihm Wein aus Flandern kredenzt wird: 
"... und wenn dies flandrischer Wein war, hätte ich lieber Pferdepisse getrunken..."
 :)

Für einen perfekten historischen Roman müsste sich der Autor bei der Rahmenhandlung genauer an die wissenschaftlichen Fakten halten, anstatt sich die Dinge gelegentlich recht großzügig zurechtzubiegen. Beispielsweise gibt Cornwell das Alter des späteren englischen Königs Æthelstan mit ca. 10 Jahren an, obwohl dieser zum Zeitpunkt der Romanhandlung (910/911) längst kein unmündiger Rotzlöffel mehr war, sondern ein 16- oder 17-jähriger wehrfähiger junger Mann, der bereits im berühmt-berüchtigten Schildwall kämpfen durfte. Doch ich will bei der Bewertung des Buchs solche Abweichungen nicht überproportional stark gewichten.

Fazit:  Der Leere Thron ist flüssig geschriebene, spannende Unterhaltungsliteratur. Verglichen mit dem letzten Buch der Reihe, das inhaltlich einige Durchhänger aufwies, wurde hier dem Leser wieder eine spürbar stimmigere Handlung präsentiert. Trotzdem muss man zum wiederholten Male die Frage stellen, wann Uhtred die nordenglische Bebbanburg - den im ersten Roman verloren Familiensitz - endlich zurückerobern wird. Mir will scheinen, der Autor hat den perfekten Zeitpunkt dafür bereits verpasst. 

Anmerkungen: 
  • Offensichtlich wurde die Cover-Gestaltung verändert und das bisher immer so schön dezente Design verworfen. Außerdem wirbt man am unteren Rand mit dem Satz: "Wie Game of Thrones, nur echt." Dass der Rowohlt-Verlag hier einen auf billigen Trittbrettfahrer macht, finde ich bestenfalls echt lächerlich. Cornwells Bücher sind ohnehin Bestseller und haben das nicht nötig.
  • In englischer Sprache ist bereits der nächste Teil - mit dem Titel Warriors of the storm - erschienen (Infos bei Amazon inkl. Leseprobe). Wohl ca. ein Jahr oder etwas weniger wird es dauern, bis das Buch auf Deutsch erhältlich ist.

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2 Kommentare:

  1. Bernard Cornwells Bücher sind einfach die besten! Auf die Uhtred-Reihe bin ich vor zwei Jahren gestoßen und habe dann innerhalb von 6 Wochen alle bis dahin erschienen Bücher verschlungen.

    Ich finde es aber bedauerlich, dass es keinen vergleichbaren Autor gibt, der sich der deutschen Geschichte des Mittelalters oder der frühen Neuzeit annimmt. Stattdessen beherrschen bei uns Iny Lorentz und Konsorten das Feld. Und die deutsche Rebecca Gable schreibt lieber über die englische Geschichte ....

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    1. Da gebe ich dir völlig recht, einen mit Cornwell vergleichbaren Autor gibt es bei uns leider nicht, stattdessen vor allem Schmalz à la Iny Lorentz. Rebecca Gablé schreibt zwar durchaus anspruchsvoller, aber es sind trotzdem keine typischen "Männerbücher" wie jene von Cornwell ;)

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