Donnerstag, 18. April 2024

📽️ Videos: Harte Diskussion zwischen Graham Hancock und dem Archäologen Flint Dibble über eine verlorene Zivilisation -- Sondengänger mit Expertise -- Archäologie studieren -- 100 Jahre Nofretete im Museum -- usw.


 Joe Rogan Experience #2136 - Graham Hancock & Flint Dibble | Spieldauer 266 Minuten | PowerfulJRE | Stream & Info
Joe Rogan ist der Gastgeber einer lange erwarteten, viereinhalb (!) Stunden langen Diskussion zwischen dem Archäologen Flint Dibble und dem Bestseller-Sachbuchautor Graham Hancock, der bekanntlich für manch Archäologen ein rotes Tuch darstellt. Thema ist vor allem Hancocks Theorie einer verlorenen Zivilisation, die durch einen globalen Kataklysmus ausgelöscht worden sein soll. Beide Seiten haben mal bessere, mal schlechtere Argumente. Phasenweise fliegen dabei ordentlich die Fetzen, etwa als es um einen Text von Flint Dibble geht, in dem er Graham Hancock quasi zum nützlichen Idioten sogenannter "White Supremacists" erklärt (dieser Text wurde im Übrigen auch von Archäologen im deutsche Sprachraum auf "X" herumgereicht, nachdem im Vorjahr Hancocks Doku-Reihe auf Netflix sich als ein riesiger Erfolg entpuppt hat). Aber die beiden Herren reißen sich dann doch wieder zusammen. Übrigens, Joe Rogans Sendungen erscheinen mittlerweile wieder in voller Länge auf Youtube, nachdem der Exklusiv-Vertrag mit Spotify ausgelaufen ist.


 Sondengänger mit Expertise | Spieldauer 8 Minuten | BR | Stream & Info 

 Spektakuläre Fresken in Pompeji ausgegraben | Spieldauer 1 Minute | Zeit Online | Stream & Info 

 Archäologie studieren - Eintauchen in die Antike | Spieldauer 13 Minuten | alpha | Stream & Info 
Die Fernsehheinis machen da ausgerechnet Werbung fürs Archäologiestudium, obwohl es, gemessen am Bedarf, längst viel zu viele Archäologen gibt. Die landen dann in völlig anderen Berufsfeldern, nachdem der Steuerzahler ihnen eine sauteure, nun aber sinnlose Spezialausbildung finanziert hat. Doch was will man von quasi staatlichen Rundfunkern anderes erwarten, die müssen sich ja nicht dem freien Markt stellen. Daher auch die verzerrte Weltsicht. Ich habe da freilich eine ganz andere Herangehensweise: 1. Studienplätze streng begrenzen, indem man sich am regelmäßig evaluierten Bedarf des Arbeitsmarktes orientiert. 2. Strenge Aufnahmeprüfungen für alle Fächer 3. Keine Studiengebühren mehr, die den Nachwuchs von oft unbegabten G'stopften bevorzugen. 

 Rom: Unterirdische Schätze | Spieldauer 2 Minuten | ZDF | Stream & Info

 100 Jahre Nofretete im Museum | Spieldauer 3 Minuten | ARD | Stream & Info 
Dass die Nofretete-Büste völlig rechtmäßig nach Deutschland verbracht wurde, muss nicht viel heißen. Es braucht zukünftig nur wieder einmal eine Außenministerin, die zwar einerseits dumm wie ein Sack voller Hufeisen ist, sich aber andererseits unbedingt profilieren möchte, und schwupps ist die Büste schon wieder in Ägypten. Auch viele Medien sticheln schon seit Jahren dahingehend, so auch im oben verlinkten Beitrag. Das ist wohl Teil des kollektiven Masochismus in diesen von den Universitäten indoktrinierten und völlig verblödeten Kreisen.

 Wiedereröffnung: Archäologische Staatssammlung München | Spieldauer 1 Minute | BR | Stream & Info 
Diese Heuchler haben den Denkmalschutz in Bayern in den Graben gefahren. Was für  klassische 'Watschengsichter'.


Montag, 15. April 2024

Flavius Josephus über jüdische "Parallelgesellschaften" in der Antike und warum der israelische Nationalheld Simon bar Kochba als "Sohn eines Lügners" bezeichnet wurde


Sich mit Rom anzulegen (noch dazu auf dem Höhepunkt seiner Macht) war selten eine gute Idee. Besonders nicht für ein vergleichsweise kleines Völkchen. Doch wenn die Massen erst einmal religiösen Fanatikern und politischen Verführern* hinterherlaufen, dann gerät der gesunde Menschenverstand leicht ins Hintertreffen. Selbstüberschätzung gewinnt stattdessen die Oberhand. So war es für Zeitgenossen sicher keine Überraschung, dass etwa die beiden großen jüdischen Kriege im 1. und 2. Jahrhundert jeweils zu Ungunsten der in der Provinz Judäa lebenden Juden ausgingen - mit katastrophalen Auswirkungen. Es folgte nämlich die Vertreibung bzw. die Zerstreuung der jüdischen Bevölkerung in alle Windrichtungen. Doch völlig neu war diese Situation ("Diaspora") für das jüdische Volk nicht. So führten etwa - ebenfalls nach einem verlorenen Krieg - schon Jahrhunderte vorher die Babylonier die zwangsweise Umsiedlung eines Teils der Juden in Richtung Zweistromland durch. Bibel-Forscher meinen, dass es dieses sogenannte "Babylonische Exil" war, welches Autoren des Alten Testaments zu der Erzählung von der Befreiung der Juden aus der ägyptischen Sklaverei durch Moses inspirierte. Vergessen darf man hier auch nicht, dass die jüdischen Kernländer an der Levante lange Zeit von den Pharaonen Ägyptens beherrscht wurden. Auch das wird in die biblische 'Story' eingeflossen sein, so wie ja überhaupt die ägyptische Kultur großen Einfluss auf das im Entstehen begriffene Judentum hatte - siehe etwa die Beschneidung oder das Schweinefleischverbot. Die Moses-Story war also eine Mischung aus historischen Ereignissen und viel Fiktion. 

Der jüdisch-römische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der ursprünglich als Kriegsgefangener während des Jüdischen Kriegs im 1. Jahrhundert nach Rom gelangte, hat in seinem umfangreichen Werk "Jüdische Altertümer" auch die besagte 'Gefangenschaft' der Juden in Ägypten beschrieben. Obwohl es sich - wie schon gesagt - dabei in der Realität wohl eher um die ägyptische Fremdherrschaft auf jüdischem Boden gehandelt haben dürfte, die dann im Kontext der späteren babylonischen Umsiedlung zu einer Versklavung in Ägypten uminterpretiert wurde. Doch wie auch immer, die Schilderungen des Josephus spiegeln vermutlich eine interessante historische Tatsache wieder. Nämlich das Ringen um die Bewahrung der jüdischen Identität in einem Staat, der nicht der eigene ist. Das Mittel der Wahl war dabei eine Abgrenzung gegenüber den fremden Herren.

Als nun Joseph von seines Vaters Ankunft Kunde erhalten (Judas war nämlich vorausgeeilt, um ihm dieselbe zu melden), ging er ihm entgegen und traf ihn bei der Stadt der Heroën. Vor allzu großer Freude wäre da Jakob beinahe gestorben. Joseph aber erfrischte ihn wieder; obgleich auch er sich vor Freude kaum halten konnte, hatte sie ihn doch nicht so ergriffen wie den Vater. Dann hieß Joseph seinen Vater langsam nachkommen; er selbst aber eilte mit fünf seiner Brüder zum (ägyptischen) König und meldete ihm, dass Jakob mit seiner ganzen Familie angekommen sei. Dieser nahm die Nachricht freudig auf und erkundigte sich bei Joseph, welche Lebensweise sie vornehmlich führten, damit er ihnen zur Fortsetzung derselben behilflich sein könne. Joseph entgegnete, sie seien vortreffliche Hirten, außerdem aber verständen sie keinen anderen Beruf. So wollte er verhüten, dass sie voneinander getrennt würden. Sie sollten vielmehr zusammenwohnen und für den Vater sorgen und nicht zu viel Verkehr mit den Ägyptern pflegen, wie es geschehen wäre, wenn sie mit ihnen dieselbe Lebensweise geführt hätten. Denn den Ägyptern war es verboten, Herden zu weiden.
Flavius Josephus | Jüdische Altertümer 2,7,5 | Marix Verlag, 2018

Auch in der viel späteren jüdischen Diaspora war diese Abgrenzung ein Kernelement (obschon sich nicht einmal annähernd jeder Jude streng daran hielt). Gut möglich ist, dass man von entsprechenden Texten im Alten Testament - auf die ja auch Flavius Josephus in seinen oben zitierten "Jüdischen Altertümern" ausgiebig zurückgreift - inspiriert wurde.
Diese Abgrenzung war allerdings ein zweischneidiges Schwert. Zwar konnte man seine kulturelle Identität bewahren, doch gleichzeitig nahm einen die Mehrheitsbevölkerung als Fremdkörper wahr, was schlussendlich sogar Ablehnung hervorrief (wir kennen das heute auch noch, Stichwort "Parallelgesellschaften"). Dieser antijüdische Groll war im Übrigen kein rein christliches Phänomen, das erst virulent wurde, als das Christentum im Römischen Reich, also in großen Teilen der antiken Welt, zur Staatsreligion emporstieg. Vielmehr existierte er schon in der polytheistischen Phase Roms. Besonders deutlich wird das in einem Zitat, welches vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus stammt. Er schreibt:

"Unheilig ist bei den Juden alles, was bei uns heilig ist, und erlaubt ist bei ihnen, was für uns unrein ist."
H.D. Stöver | Christenverfolgung im Römischen Reich | Econ Verlag, 1982

Ins selbe Horn stößt der antike Autor Philostratos:

"Die Juden sind uns in ihrem Wesen ferner als Susa, Baktra (beides in Persien) und die Inder. Denn sie teilen unser Leben nicht und teilen mit anderen Menschen weder Mahlzeiten noch Verträge, weder Gebete noch Opfer."
H.D. Stöver | Christenverfolgung im Römischen Reich | Econ Verlag, 1982

Die - zumindest so wahrgenommenen - monotheistische Eigenbrötelei der meisten Diaspora-Juden führte also zu einer ablehnenden Haltung durch die autochthone Bevölkerung. Extrawürste wie die Befreiung vom verbindenden Element des Kaiserkults (etwas, das man den Christen nicht zugestand), kamen bei manch Beobachter naturgemäß weniger gut an. Darüber hinaus ist sogar eine Befreiung vom Militärdienst überliefert.

Man muss auch die jüdischen "Ghettos" in den Städten des europäischen Mittelalters im Lichte der obigen Haltung weiter Teile der Diaspora-Juden sehen. Die räumliche Abgrenzen hatte nämlich eine lange Tradition; bereits in der Antike lebten ja Juden und andere Ethnien/Glaubensgemeinschaften oft in getrennten Stadtvierteln, wie etwa Alexandria bezeugt. Aber auch in Rom gab es jüdische Zusammenballungen, beispielsweise will der Jude Philo von Alexandria den Transtiber-Distrikt quasi in jüdischer Hand vorgefunden haben. 
Bei all dem handelte es sich entweder um selbst gewollte oder staatlich angeordnete Abgrenzungen. Oft war dergleichen ohnehin seitens aller Parteien erwünscht. Wenn auch das Ausmaß der Eingriffe durch die Obrigkeit im Laufe der Jahrhunderte von christlicher Seite zunehmend überschießend wurde. Das änderte sich in Europa erst deutlich im Zuge der Aufklärung, nachdem die Religion als zentrales Identifikationsmerkmal an Bedeutung verloren hatte. Und zwar für Juden und für Christen. In weiterer Folge überaus ungünstig für die europäischen/westlichen Juden war aber, dass ab dem späten 19. Jahrhundert auffällig viele von ihnen - vielleicht aufgrund historischer Erfahrungen - dem Marxismus zuneigten, nachdem sie der Religion den Rücken gekehrt hatten. Später zog der antimarxistisch eingestellte Nationalsozialismus daraus den pauschalisierenden Schluss Jude = Marxist/Kommunist und 'veredelte' diese Annahme mit rassistischen Elementen; stark vereinfacht ausgedrückt. Das Ende vom Lied ist jedenfalls bekannt. 


* Ergänzendes zur Einleitung: Der zentrale politische Verführer, welcher schlussendlich die nahezu totale Vertreibung der Juden aus Judäa zu verantworten hatte, war Simeon bar Kokeba / Simon bar Kochba. Interessanterweise wird dieser Mann von Politikern des modernen Staats Israel zu einem Helden hochstilisiert, obwohl sein Name lange Zeit in der jüdischen Tradition als "Bar Kozeba" verballhornt wurde, was so viel wie "Sohn des Lügners" bedeutet. Die abwertende Bezeichnung spielt, wie H.D. Stöver in seinem Buch Christenverfolgung im Römischen Reich schreibt, darauf an, dass Bar Kochba die Juden um ihre Hoffnungen betrog. Dieser vermeintliche Nationalheld soll es auch gewesen sein, der laut dem antiken christlichen Autor Justinius während seiner kurzen Herrschaft Zwangsbeschneidungen anordnete und sogar eine Christenverfolgung initiierte:

Davon kann euch die Tatsache überzeugen, daß in dem zu unseren Lebzeiten geführten Kriege Barchocheba, der Anführer des jüdischen Aufstandes, die Christen allein zu schrecklichen Martern verurteilt hat, wenn sie Jesus Christus nicht verleugneten und lästerten.
Justinus | Apologie 1,31 | in Christenverfolgung im Römischen Reich | Econ Verlag, 1982

Es darf wohl passenderweise mit dem jiddischen Begriff "Chuzpe" bezeichnet werden, wenn ausgerechnet ein Scharlatan, der sich selbst als eine Art Messias präsentiert, Menschen verfolgen lässt, weil sie dem Glauben an einen mutmaßlich falschen Messias anhängen... 

Dieses für das historische Verhältnis zwischen Christen und Juden sicher nicht ganz unwichtige Ereignis wird übrigens im entsprechenden Wikipedia-Artikel über Simon bar Kochba mit keiner Silbe erwähnt. Auch abseits von Wikipedia wird man nur selten etwas darüber finden. Der Leser mag seinen Verstand an der Frage schärfen, warum darüber so ungern geschrieben wird. 

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Sonntag, 14. April 2024

🎧 Hörbares: Großer Festsaal in Pompeji ausgegraben -- Die "Kriminalgeschichte des Christentums" -- Frühster Nachweis von Drogenkonsum in Europa -- Rituelle Menschenopfer in der Jungsteinzeit -- usw.


 Tolle Entdeckung: Großer Festsaal in Pompeji ausgegraben | Spieldauer 5 Minuten | WDR | Stream & Info | Direkter Download

 Neue Erkenntnisse aus der Asche von Pompeji | Spieldauer 8 Minuten | SRF | Stream & Info 

 Vor 275 Jahren begann die Ausgrabung von Pompeji | Spieldauer 5 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 Karlheinz Deschner: Die "Kriminalgeschichte des Christentums" | Spieldauer 14 Minuten | WDR | Direkter Download
Zitat: "Karlheinz Deschner ist nicht nur ein Schriftsteller, sondern auch ein Aktivist, der sich vehement für die Trennung von Kirche und Staat einsetzt und sich gegen religiöse Einflüsse auf die Politik ausspricht." Derweil wirken gerade in Deutschland Kirchentage zunehmend wie Parteitage, wenn man sich die Redner und Reden antut. Kein Wunder, dass den Hirten des Herren in Massen die Zahlesel davonlaufen. Irgendwann werden sich die Kirchen dann wohl staatlich finanzieren lassen, so wie jetzt schon die Dinosaurier-Medien. Die richtige Gesinnung, die die Kirchen dafür qualifiziert, haben sie ja längst. 

 Archäologie: Rituelle Menschenopfer in der Jungsteinzeit | Spieldauer 4 Minuten | DF | Stream & Info 

 Archäologischer Fund - Menschen hatten früher vielleicht Füchse als Haustiere | Spieldauer 5 Minuten | DF | Stream & Info 
Wundert mich nicht, auf Youtube habe ich im Laufe der Jahre haufenweise Videos von zutraulichen Füchsen gesehen, die zum Teil bei Menschen leben. 

 Archäologiefilm „Die Ausgrabung“ bei Netflix | Spieldauer 5 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download
Ach du meine Güte, hört sich das deprimierend an. Ein Film, den ich mir trotz des eigentlich interessanten Themas "Sutton Hoo" sicher nicht anschauen werde. Aber bestimmt toll für all jene, die sich Depressionen anzüchten wollen ^^. Apropos "Sutton Hoo": Die auf Youtube abrufbare Archäologieserie "Time Team" wird genau dort demnächst eine Ausgrabung durchführen. Das werde ich mir, im Gegensatz zu diesem Film, sicher reinziehen.

 Frühster Nachweis von Drogenkonsum in Europa führt nach Menorca | Spieldauer 4 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 Kochendes Wasser, schwimmende Steine: Historischer Vulkanausbruch bei Santorin | Spieldauer 7 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download


Freitag, 12. April 2024

📽️ Videos: Editha, Begräbnis einer ottonischen Königin -- The colossal statues of Imperial Rome -- Leben in der Steinzeit -- Denkmalschutz im Unterricht -- usw.


 Editha – Begräbnis einer ottonischen Königin aus England | Spieldauer 44 Minuten | Landesmuseum für Vorgeschichte Halle | Stream & Info 
Die eingangs und am Schluss gezeigte Veranstaltung kann man eigentlich nur als skurril bezeichnen. Übertroffen höchstens vom Begräbnis Richards III. vor einigen Jahren. 


 The colossal statues of Imperial Rome | Spieldauer 10 Minuten | Darius Arya Digs | Stream & Info 



 Ausgrabungen in Israel: 'Ubeidiya National Park in the Jordan Valley Opens to the Public | Spieldauer 2 Minuten | Israel Antiquities Authority Official Channel  | Stream & Info 

 Ausgrabung in Israel: A rare 6,000-year-old elephant ivory vessel was discovered | Spieldauer 1 Minuten | Israel Antiquities Authority Official Channel | Stream & Info

 Archäologen legen in Pompeji Bankettsaal mit prächtigen Fresken frei | Spieldauer 1 Minuten | ARD | Stream & Info

 Leben in der Steinzeit | Spieldauer 15 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download

 Paläontologie in der Großregion: Riesenskorpione und Co. | Spieldauer 5 Minuten | SR | Stream & Info 

 Denkmalschutz im Unterricht | Spieldauer 3 Minuten | ZDF | Stream & Info 

Dienstag, 9. April 2024

📖 Zeitschrift Bayerische Archäologie - Heft 1.24: Späte Kelten in Bayern (und warum ich das nächste Heft nicht besprechen werde)

Der Zusammenbruch keltischer Kultur

Ich habe noch immer nicht verstanden, warum die Hefte der Reihe "Bayerische Archäologie" bei Amazon in der komischen Rubrik "Broschüre" zu finden sind, anstatt wie z.B. das Sturmgeschütz der Idiotie, auch bekannt als "Der Spiegel", unter "Magazin". 
Egal, im ersten Heft des Jahres 2024 geht es schwerpunktmäßig um "Späte Kelten in Bayern". Zeitlich bewegt man sich dabei ungefähr von 250 bis 15 v. Chr. Florierende Oppida (Städte, Großsiedlungen) und Viereckschanzen (Gehöfte mit viereckiger Umwallung) prägten damals weite Teile der Landschaft, bis die ausgeklügelte keltische Gesellschaftsstruktur mit ihren weit ausgreifenden Handelsnetzwerken in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Bayern weitestgehend zusammenbrach. Wohl nicht zuletzt wegen Caesars jahrelangem Krieg in Gallien, aber auch wegen den Aktivitäten der germanischen Sueben unter ihrem Herrscher Ariovist; der dann seinerseits von Caesar geschlagen wurde. Einige Jahrzehnte später kamen die Römer auch nach Bayern und haben das Land für rund ein halbes Jahrtausend übernommen - aber auch nur, um schlussendlich doch noch gegen die Germanen den Kürzeren zu ziehen. Dass übrigens die daraufhin in Erscheinung tretenden Bajuwaren so eine Art germanisierte Romanen gewesen sein wollen, wie eine Theorie besagt, ist falsch. Das meinen zumindest Peter Wiesinger und Albrecht Greule in ihrem 2019 veröffentlichten Buch "Bayern und Romanen", welches im vorliegenden Heft beworben wird.

In mehreren Beiträgen werden unter anderem die Oppida Manching, Staffelberg und Kelheim betrachtet. Aber auch das Leben außerhalb der Ballungszentrum wird z.B. anhand der Viereckschanzen ein wenig erläutert. Wobei diese nicht überall anzutreffen waren, so etwa war diese Form landwirtschaftlicher Großbetriebe in den Alpengebieten nicht üblich, wie es in einem gesonderten Beitrag zu diesem Teil des keltischen Bayerns heißt. Aber auch das angrenzende Österreich mit der bedeutende Salzmetropole auf dem Dürnberg wird bei den Betrachtungen miteinbezogen. Interessanterweise verdeutlichen Funde im keltischen Alpenraum die enge Verbindung zur Mittelmeerwelt. So wurde etwa ein Eisenbarren entdeckt, der exakt zwanzig römische Pfund wog und wohl für den Export nach Rom bestimmt war.

Viele recht interessante Rekonstruktionszeichnungen von Bauten und ganzen Siedlungen geben einen schönen Eindruck hinsichtlich des Erscheinungsbilds keltischer Architektur. Eine der dargestellten Großsiedlungen hat mich mit ihrem "mediterranen Flair" ziemlich überrascht. Ein Modell  des Oppidums Manching enthält nämlich längliche Häuser mit flachen Giebeln und vorne angebauten Säulenhallen/Portiken - sofern man den Interpretationen der Archäologen vollständig vertrauen darf (was immer so eine Sache ist ...). Es heißt, die Kelten hätten sich hier einiges von den Mittelmeervölkern abgeschaut. Haben gegebenenfalls Fernhändler diese Ideen mitgebracht? Vielleicht aber auch heimkehrende keltische Söldner, die z.B. im Dienste Alexanders oder Hannibals gestanden hatten?


Ansonsten ...

Abseits des Schwerpunkts enthält das Heft auch einige andere interessante Themen wie den archäologischen Fund eines Skeletts mit eiserner Handprothese. Datiert wird alles mittels C14 in die Zeit zwischen 1450 und 1620 (was beredt über die Genauigkeit dieser Datierungsmethode Auskunft gibt ...). Erstaunlicherweise sollen alleine in Mitteleuropa bisher rund 50 solcher Prothesen aus dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit entdeckt worden sein. Daraus schließe ich, dass sie dazumal relativ häufig anzutreffen gewesen sein dürften.

In der Rubrik "Gefährdete Häuser" geht es um den drohenden Abriss eines Renaissance-Hauses mit romanischem Kellergewölbe in einer ensemblegeschützten Altstadt. Darf man den Schilderungen glauben, dann haben wir es - wie so oft - mit einer Mischung aus Vernachlässigung durch den Eigentümer und dem hirnlosen Agieren von ignoranten Politikern zu tun, für die die Bezeichnung "Vollpfosten" ein inadäquater Hilfsausdruck wäre. Aber so ist das eben mit dem bayerischen "Denkmalschutz": Finder von archäologischen Objekten enteignet man aufgrund eines angeblich öffentlichen Interesses, während man den abrissbegeisterten Eigentümern von denkmalgeschützten Häusern quasi die Räuberleiter macht. 

Nicht uninteressant ist außerdem der Bericht über den Bau sowie den Praxistest von zwei rekonstruierten römischen Patrouillenbooten, deren Vorbilder auf der Zeitachse relativ weit auseinander lagen (Typ Oberstimm und Typ Lusoria). Ort des Tests unter Rudern und Segeln waren die Donau, der Altmühlsee am Rätischen Limes und Belgien. Offenbar dürften die Originale auf keine allzu lange Haltbarkeit ausgelegt gewesen sein, wie sich bei einem der Nachbauten unter anderem anhand eines üblen Pilzbefalls zeigte. 
Mir sind in dem Beitrag die Bilder von den Booten übrigens zu klein geraten. Die müssten wesentlich größer sein. Getrost hätte man stattdessen auf den am Artikelende befindlichen aufgeblasenen Anhang mit Literaturangaben verzichten können. Oder, noch besser, man hätte die an eine Schülerzeitung oder an ein Gemeindeblatt erinnernden Erlebnisberichte der "Gesellschaft für Archäologie in Bayern" weggelassen sollen, die immer in der Heftmitte abgedruckt werden. Das banale Gequassel interessiert vermutlich so gut wie keinen Leser. Warum betreibt dieser Verein nicht einfach ein Blog, in dem er dann exklusiv seine paar Mitglieder langweilen kann?


Abschließende Hinweise

1. Die Hefte kosten ab der aktuellen Ausgabe übrigens € 9,90 statt wie bisher € 9,20. Wegen den höheren Produktionskosten, wie es heißt. Stichwort "Inflation", die wiederum bekanntlich von den deutlich gestiegenen Energiepreisen angefeuert wird. 
Der "Dank" der Leserschaft für die teurer gewordenen Hefte geht deshalb logischerweise nicht an den Verlag Friedrich Pustet, sondern an die dafür hauptverantwortlichen Politdeppen. Und vergessen wollen wir auch nicht all jene Blödmänner und Blödfrauen, die diese Mischpoke immer und immer wieder wählen.

2. Die nächste, irgendwann im Mai erscheinende Ausgabe von "Bayerische Archäologie" hat das Thema "Die NS-Zeit im Fokus der Archäologie". Danke, ich passe; will heißen, die Rezension des Hefts erspare ich mir vermutlich. Nicht primär weil der Schwerpunkt thematisch wenig zum Blog passt (ich habe ja auch die PLW-Erklärvideos verlinkt), sondern vielmehr weil nach meiner festen Überzeugung die sogenannte "Archäologie der Moderne" weitestgehend eine Verschwendung von Mitteln der öffentlichen Hand darstellt. Hier werden Zeitabschnitte archäologisch beackert, über die wir bereits aufgrund einer Vielzahl von erhaltenen Objekten, Augenzeugenberichten, Foto- und Filmaufnahmen sowie schriftlichen Quellen sehr gut bescheid wissen. Das steht im krassen Gegensatz zu älteren Phasen der Menschheitsgeschichte - wie etwa der Bronzezeit - die wesentlich schlechter erforscht sind. 
Die Archäologie ist kein Selbstzweck, sondern eine Hilfswissenschaft der Geschichtsforschung. Entsprechend sollten sich Archäologen auch verhalten und ihre äußerst knappen Ressourcen treffsicher einsetzen. Freilich, mit einer bronzezeitlichen Wallanlage lässt sich als narzisstischer Ausgräber nicht so kommod die eigene Tugend signalisieren wie mit einem mörderischen Konzentrationslager; oder wenigstens einem Kriegsgefangenenlager. Darüber hinaus funktioniert auch das politische Instrumentalisieren der Vor- und Frühgeschichte eher weniger gut. Einige ForscherInnen versuchen es natürlich trotzdem, siehe etwa die Ideologie-Irrwische von der sogenannten "Feministischen Archäologie". Was die seit einigen Jahren so alles an Seemannsgarn zusammenspinnen, reicht aus, um einen Matrosenanzug zu nähen, in den sogar die Ko-Parteichefin einer gewissen deutschen Partei passen würde.

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Weiterführende Informationen:



Samstag, 6. April 2024

🎧 Hörbares: Genderdebatte im Alten Rom -- Richard Löwenherz -- Wovon früher Komponisten lebten -- Ältestes Menschenfossil Europas entdeckt -- Herkunft der Bajuwaren -- Die Megafauna der letzten Eiszeit -- usw.


 01.04.47 v. Chr.: Im alten Rom bricht eine Genderdebatte aus | Spieldauer 15 Minuten | WDR | Stream & Info | Direkter Download
Pffff... 🙄

  Der englische König Richard Löwenherz | Spieldauer 13 Minuten | WDR | Stream & Info | Direkter Download

 Archäologen entdecken ältestes Menschenfossil Europas | Spieldauer 11 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download

 Herkunft der Bajuwaren - Neues zu einem alten Rätsel | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download
Hatte ich vor einiger Zeit schon einmal verlinkt, kennt aber vielleicht noch nicht jeder.

 Musik als Ware - Wovon früher Komponisten lebten | Spieldauer 21 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Mammut & Co - Die Megafauna der letzten Eiszeit | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Die Guanchen - rätselhaftes Urvolk der Kanaren | Spieldauer 22 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Wie John Law im 18. Jahrhundert mit einem ruinösen Papiergeldsystem Frankreich retten wollte | Spieldauer 15 Minuten | WDR | Stream & Info | Direkter Download


Mittwoch, 3. April 2024

📽️ Videos: Altersbestimmung in der Archäologie -- Gesprächsrunde "Erinnerungen an die Zukunft" -- Forscher entschlüsseln die Geheimnisse antiker Keilschriften -- usw.


 Altersbestimmung in der Archäologie | Spieldauer 15 Minuten | SWR | Stream & Info

 Anthropologie als Beruf | Spieldauer 15 Minuten | SWR | Stream & Info

 Zentrales Fundarchiv Rastatt ist archäologische Schatzkammer des Landes | Spieldauer 27 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download

 Mittelalterliches Oster-Spektakel an der Loreley | Spieldauer 2 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download

 Forscher entschlüsseln die Geheimnisse antiker Keilschriften | Spieldauer 3 Minuten | NDR | Stream & Info 

 Das erfahren Bremer Forscher aus Proben vom Boden des Mittelmeers | Spieldauer 4 Minuten | RB | Stream & Info 

 Gesprächsrunde "Erinnerungen an die Zukunft" mit Erich von Däniken, Hans Jelitto, Dominique Görlitz & Ramon Zürcher | Spieldauer 76 Minuten | Nuows | Stream & Info 


Montag, 1. April 2024

⚖️ Denkmalschutzgesetz und Fundmelde-App: Zwei Beispiele für den katastrophalen Zustand des Bundesdenkmalamtes der (Bananen-)Republik Österreich


Hinweis: Trotz des Veröffentlichungsdatums handelt sich bei diesem Text bedauerlicherweise um keinen Aprilscherz. Obwohl einiges darin zum Lachen anregt. Und zum Weinen. 


Amtsschimmel

Das österreichische Bundesdenkmalamt (BDA) ist zuständig für den Schutz und die Erforschung beweglicher sowie unbeweglicher Denkmale, egal ob sich diese klar erkennbar oberirdisch oder verborgen im Erdboden befinden. Leider ist die Performance dieses Amtes sehr bescheiden; man könnte geradezu von einem dysfunktionalen Wolkenkuckucksheim sprechen, dessen Betreiber zunehmend den Bezug zur Realität verlieren und ihre Zeit mit Mikado verbringen, dem Lieblingsspiel vieler Staatsdiener. Will heißen: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren! Auch ich weiß ein Lied davon zu singen. Erst nach rund zwei Jahren (sic!) erhielt ich eine Antwort zu der von mir gemeldeten archäologischen Entdeckung (1, 2, 3, 4). Doch das Maß ist lange noch nicht voll, werden sich einige BDAler gedacht haben. Verdeutlicht wird dies durch aktuelle Beispiele, die ich hier, gänzlich ohne den nötigen Bierernst, kurz darlegen werde.


Bazil(eius), der König des Denkmalamtes

Fangen wir mit dem Chef des BDA an, Christoph Bazil lautet sein Name. Der gute Mann ist weder Archäologe noch Historiker, sondern Jurist. Seine Anknüpfungspunkte an den Denkmalschutz beschränkten sich vor allem auf Tätigkeiten im Bereich der staatlichen Kunst- und Kulturgüterrückgabe, die aufgrund ihrer Nähe zum NS-Themenkomplex oft nichts anderes als politisches virtue signalling ist. 

Herrn Bazil wird eine ÖVP-Affinität nachgesagt; so soll er laut mehreren Auskunftspersonen Mitglied im sogenannten Cartellverband (CV) sein; einer katholischen Studentenverbindung, die in gewisser Weise den Charakter einer politischen Krabbelstube für Nachwuchs-Elitisten aus der schwarzen Reichshälfte hat (naja, mittlerweile höchstens Reichsviertel); außerdem wird schon seit vielen Jahren gemunkelt, dass das CV-Netzwerk seinen Mitliedern auf dem späteren Karriereweg helfen kann, intellektuelle oder fachliche Defizite durch Vitamin B zu kompensieren. Fun fact: Trotz einer ähnlich militant-peinlichen Kostümierung wie man sie von Burschenschaften her kennt, möchten der Cartellverband nicht Burschenschaft genannt werden. 

Gemeinsam mit der liebreizenden grünen Nationalratsabgeordneten Eva Blimlinger tritt Herr Bazil als Herausgeber einer Schriftreihe für Provenienzforschung in Erscheinung. Dass im Herbst 2019 ausgerechnet ÖVP und Grüne kurz nach seiner Bestallung eine bis heute in Amt und (Un-)Würden befindliche Regierung gebildet haben, hat sich gewiss nicht nachteilig auf Christoph Bazils Tätigkeit als Chef des Bundesdenkmalamtes ausgewirkt. Vielmehr hat er dadurch freie Bahn und nutzt diesen Umstand allem Anschein nach weidlich aus. Der 'Fallout' davon wird noch weiter unten Thema sein.

Obschon Christoph Bazils Vita - wie bereits gesagt - eher keine direkten Rückschlüsse auf eine profunde Expertise im komplexen Themenfeld des Denkmalschutzes zulässt, so setzte er sich im Rahmen des Bewerbungsverfahrens rund um den BDA-Chefsessel erstaunlicherweise gegen renommierte Fachwissenschaftler mit langjährigen internationalen Karrieren durch. Dass hier deshalb politisch irgendwie gemauschelt worden sein müsse und überdies das Bundesdenkmalamt ja von der ÖVP als eine Art Erbpacht betrachtet würde, wie böse Zungen meinen, kann an dieser Stelle (so wie Herrn Bazils mutmaßliche CV-Mitgliedschaft) weder bestätigt noch widerlegt werden. Dergleichen will mir persönlich allerdings ohnehin unwahrscheinlich erscheinen. Schließlich ist Österreich dafür bekannt, dass gerade die hohe Posten in der Verwaltung niemals nach parteipolitischer Färbung vergeben werden, sondern immer ganz streng nach Qualifikation... Der Jurist Christoph Bazil dürfte daher über denkmalpflegerische Superkräfte verfügen, die der Öffentlichkeit aus unbekannten Gründen bis dato einfach verbogen geblieben sind. 


Das neue Denkmalschutzgesetz

Ersichtlich wird Christoph Bazils 'Qualifikation' für den Chefposten des Bundesdenkmalamtes nicht zuletzt durch das von ihm mitgestaltete neue Denkmalschutzgesetz, welches dieser Tage im Nationalrat von den dort herumlungernden Abstimm- und Klatschautomaten beschlossen wurde (auch mit den Stimmen jener Partei, die sich sonst immer so gerne als nonkonform und kritisch inszeniert). Bereits im vergangenen Herbst hat Bazils Chef, der Sport- und Kulturminister Werner Kogler, den entsprechenden Entwurf zur Begutachtung eingebracht (btw: es ist schon eine große Ehre für mich, aus dem gleichen Bundesland wie dieser politische Sympathieträger und weithin bekannte Liebhaber von Leitungswasser und Himbeer-Kracherl zu kommen).

Das umgemodelte Bundesdenkmalschutzgesetz enthält mehrere großartige Neuerungen, wie der Leser gleich feststellen wird (wen es genauer interessiert, der sollte sich unbedingt hier und hier die ausführlichen und kritischen Stellungnahmen des Archäologie-Professors Raimund Karl bzw. des Vereins Archaeo Publica durchlesen; meine folgenden Kritikpunkte fußen hauptsächlich darauf).
  • Die Definition des Begriffs "Denkmal" wird im neuen Gesetz geändert. Und zwar in einer Weise, die es dem BDA nach Gutsherrenart erlaubt, quasi alles von Menschenhand Hergestellte - unter Berufung auf ein angebliches öffentliches Interesse - zum Denkmal zu erklären und so unter Schutz zu stellen. Der durchschnittliche Bürger andererseits steht aufgrund der absichtlich diffus gehaltenen neuen Begriffsdefinition, sollte er außerhalb eines Museums mit vermeintlicher oder tatsächlicher Archäologie konfrontiert werden, bereits mit einem Bein im Häfn. Da reicht es theoretisch z.B. schon aus, die beim Anlegen eines Gemüsegartens auftretenden Erdverfärbungen nicht als potentielles archäologisches Denkmal sofort gemeldet zu haben; bei gleichzeitiger Einstellung sämtlicher Arbeiten, bis sich ein Fachmann des BDA oder ein teurer Sachverständiger bequemt, die Angelegenheit in Augenschein zu nehmen. Man stelle sich außerdem vor, was solche Blockaden wegen jeder Lappalie erst für Konsequenzen nach sich ziehen, wenn es nicht mehr nur um einen Gemüsegarten, sondern etwa um eine Großbaustelle geht. Hier wird also vom Bürger vorab eine Fachkenntnis verlangt, die dieser in der Regel nicht hat. Er soll die Bedeutung von Dingen einschätzen, die er niemals einschätzen kann. Mehr noch: Zwei Archäologen haben mir unabhängig voneinander erklärt, dass selbst sie oft nicht in der Lage wären, dem Buchstaben des Gesetzes genüge zu tun. Einfach weil sich bei einem Fund/Befund oft nicht in situ (in seiner ursprünglichen Lage) sagen lässt, ob man es mit etwas von archäologischer Bedeutung zu tun hat und deshalb - abseits regulärer archäologischer Maßnahmen natürlich - nicht mehr weitergraben darf und Meldung erstatten muss. Absurderweise verfügt das BDA nicht einmal annähernd über das nötige Personal, um all die Anfragen zu beantworten, die der nun ausgeweitete, aber umso unklarere "Denkmal"-Begriff provozieren würde, wenn sich die Bevölkerung rechtskonform verhalten sollte. Was sie freilich überwiegend eh nicht machen wird. Vor allem aus Unwissen, aber auch weil diese Art juristischer Nonsens unnötige Kosten verursacht, die keiner stemmen möchte/kann. Auch den meisten Metallsuchern/Sondengehern wird das neue Gesetz - wie bisher schon die alten Regelungen - naturgemäß am Allerwertesten vorbeigehen. Wenn überhaupt, dann werden die bisher schon sehr spärlichen Fundmeldungen zukünftig fast vollends versiegen, da sich das rechtliche Risiko für einen Metallsucher zusätzlich erhöht, denn sobald er ein Objekt, das archäologisch relevant sein könnte, dem Boden entnimmt, und sei es nur um es einem Archäologen zu zeigen, macht er sich potentiell strafbar. Da kann er dann nicht einmal mehr auf die Ausrede zurückgreifen, er habe mit seiner Sonde bloß einen verlorenen Autoschlüssel gesucht und halt zufällig etwas anderes gefunden. Eine Bürgerbeteiligung bzw. Zusammenarbeit mit der offiziellen Archäologie wird so also weitestgehend verunmöglicht.
  • Für den Finder archäologischer Denkmale ändert sich hinsichtlich der Besitzverhältnisse auf den ersten Blick nichts. Doch wirklich nur auf den ersten Blick. Denn trotz des Beibehaltens der Hadrianischen Teilung (50 Prozent für den Finder, 50 Prozent für den Grundstückseigentümer) kann der Staat, laut Kennern der Materie, nun einen Fund de facto aus der direkten Verfügungsgewalt des Besitzers 'entwenden' und ihn z.B. in einem Museum- bzw. Museumsdepot einlagern lassen. Und zwar auf Kosten des Besitzers! Diese Aufbewahrungspflicht, die je nach Art des Fundes horrende Kosten verursachen kann, wird wohl dazu führen, dass nun z.B. von Bauträgeren wesentlich weniger an das BDA gemeldet werden wird. Stattdessen baggert man rasch weg, was von archäologischem Interesse sein könnte. Oder man stellt für teures Geld einen Archäologen an, der, solange Erdbewegungen auf dem Programm stehen, den Bau begleitet. Natürlich reicht man diese Kosten an den zukünftigen Hauseigentümer weiter. Überhaupt, so sagt mir ein Archäologe, rieche diese ganze Sache nach einer halbseidenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das staatlich herangezüchtete Heer von arbeitslosen bzw. überflüssigen Archäologen.
  • Im Angesicht all dessen wird das Gesetz seitens "Archaeo Publica" (Verein zur Förderung von Bürgerbeteiligung an Archäologie) als "reaktionär", "obrigkeitsstaatlich" und quasi als undemokratisch charakterisiert. Statt Dialog und Bürgerbeteiligung würde hier der Ausschluss der Bürger von der archäologischen Forschung forciert. Zum Nachteil eben genau dieser archäologischen Forschung. Allerdings wird angenommen, dass zumindest die verkappte Enteignung, für die man dann auch noch selbst bezahlen soll, auf Dauer juristisch keinen Bestand hat. Zu menschenrechtswidrig sei sie nämlich.


Die Fundmelde-App "IceWatcher"

Auch unter die Verantwortung des Herrn Christoph Bazil fällt die neu eingeführte Fundmelde-App des BDA, welche unter der Bezeichnung IceWatcher herunterladbar ist und für Furore sorgt. Nein, Spaß beiseite, die Downloadzahlen sprechen eine deutliche Sprache hinsichtlich des 'Erfolgs' dieser App.


Im Android App Store bewegt man sich bei "mehr als 100 Downloads", also unter 500 (die Schritte, in denen die Downloadzahlen angezeigt werden, sind 100, 500, 1000, usw.). Getrost kann man davon ausgehen, dass die Zahlen bei Apple noch wesentlich mieser sind, denn iOS-Geräte haben einen Marktanteil von nur rund 28%, Android-Geräte hingegen rund 70%.

IceWatcher kommt ursprünglich aus der Schweiz und wurde dort für archäologische Entdeckungen in den Bergen bzw. Gletschern entwickelt. Daher der Name. Nun wird die Software - weil das BDA sie in leicht bzw. schlecht adaptierter Form übernommen hat - parallel auch in Österreich angeboten; wobei sich das Einsatzgebiet hier nach dem Willen des BDA nicht nur auf Gletscher beschränken soll. Das heißt übrigens auch, dass wir es oben mit den Downloads aus der Schweiz UND Österreich zu tun haben. Trotzdem sind die Zahlen so dermaßen schlecht, dass sich eigentlich jeder weitere Kommentar dazu erübrigt. Der schon erwähnte Archäologe Raimund Karl hat diese Totalkatastrophe, für die Herr Bazil und Konsorten eine unbekannte Summe an Steuergeld verbrannt haben (wo bleibt der Rechnungshof?), in einem lesenswerten Text unter die Lupe genommen. Die Unfähigkeit und schlichte Faulheit, die hier den Verantwortlichen attestiert wird ist geradezu atemberaubend. Um nur zwei Beispiel zu nennen: 
  • Die Materialgattungen sind unvollständig. Ausgerechnet die archäologisch häufig in Erscheinung tretenden Materialien Keramik, Stein und Glas fehlen! Natürlich könnte man entsprechende Funde unter "Andere/Unbestimmt" melden, aber wozu gibt es hier dann überhaupt Kategorien?! Das ist schlicht inkonsequent!

  • Die Anweisungen für das Fotografieren des Fundes in der App IceWatcher sind haarsträubend missverständlich. 1,50 Meter Abstand soll man halten, heißt es pauschal. So als ob die Größe der Entdeckung bei der Wahl des Abstandes keine Rolle spielen würde! Eine aus 1,50 Meter Entfernung fotografiert Münze wird man ebenso schlecht erkennen können wie einen aus dem gleichen Abstand fotografierten Erdwall, der eventuell dutzende Meter lang ist; wie soll der in das Bild passen, wenn man in Spuckweite vor ihm steht?! Sicher, klickt man auf das "i"-Knöfpchen, dann heißt es, man soll möglichst alles fotografisch erfassen. Doch wozu dann zuerst die Anweisung 1,50 m Abstand zu halten? Dabei handelt es sich um völlig widersprüchlichen Nonsens.

Ebenfalls widersprüchlich, um nicht zu sagen völlig gaga, will mir hier auch der Umstand erscheinen, dass diese Fundmelde-App eigentlich den schon seit Jahrzehnten andauernden Bestrebungen des BDAs entgegenläuft, Laien mittels Gesetzesverschärfungen aus der archäologischen Forschung zu drängen (nicht zuletzt deshalb, weil es seit den 1990ern aufgrund einer fehlgeleiteten Bildungspolitik viel zu viele studierte Archäologen auf dem Arbeitsmarkt gibt). Nun möchte man aber ausgerechnet diese Laien mit einer (lausigen) App aufmunitionieren, um sie gezielt nach archäologisch relevanten Objekten Ausschau halten zu lassen? Oder glaubt das österreichische Bundesdenkmalamt, dass ausschließlich Personen, die vielleicht einmal im Leben zufällig etwas finden, sich extra IceWatcher aufs Telefon laden, anstatt einfach beim Amt anzurufen oder eine E-Mail zu schreiben? Wenn man in der Bevölkerung die App wirklich als Alternative zur herkömmlichen Kontaktaufnahme sehen würde, warum sind dann die Downloadzahlen so unsagbar lausig? Woher soll denn ein ganz normaler Finder überhaupt wissen, dass es diese App gibt?!


Fazit

Im österreichischen Bundesdenkmalamt ist leider schon seit vielen Jahren der Wurm drinnen. Dort werden nämlich Missstände vor allem verwaltet und perpetuiert, anstatt sie endlich zu beheben. Nicht zuletzt deshalb ist das so, weil die Politik unübersehbar kein echtes Interesse für das Thema Denkmalschutz aufbringt und daher bei der Besetzung des BDA-Chefsessels zu wenig Wert auf fachliche Kompetenz legt (siehe oben). Politische Zuordenbarkeit ist da wohl ein wichtigeres Kriterium. Man darf daher zumindest vermuten, dass schon die vom Juristen Christoph Bazil gewonnene Ausschreibung extra so abgefasst wurde, dass renommierte Archäologen oder Historiker kaum zum Zug kommen konnten. Ist dann aber erst einmal ein Oberhäuptling auf den Schild gehoben, mit dem nicht übermäßig viel los ist, dann führt das erfahrungsgemäß auch zu einer qualitativen Verschlechterung der Hierarchien darunter. Werden von so einem Menschen doch kaum konsequent die wirklich klügsten Köpfe und wissenschaftliche Freidenker eingestellt, sondern eher nur die politisch und weltanschaulich kompatibelsten Jasager kooptiert. Die dann, falls sie mit entsprechender Macht ausgestattet wurden, natürlich ihrerseits genauso in Personalfragen verfahren. Ein Vorgang, der sich bis ganz nach unten fortsetzt. Wir haben es hier dementsprechend mit einem race to the bottom zu tun, das man auch aus anderen Bereichen, wie etwa dem Journalismus, nur zu gut kennt. Ein Archäologe auf Twitter ("X") meinte sogar einmal vor einigen Jahren, der österreichische Denkmalschutz sei ein "Kreiswichsverein der Mittelmäßigen". In privaten Gesprächen, die ich im Laufe der Zeit mit anderen Archäologen und Historikern geführt habe, fielen außerdem Begriffe wie "Tintenburg""Inkompetenzzentrum" und, besonders rustikal, "scheiß Laden". Eine Archäologin begründete ihre negative Einschätzung u.a. damit, dass sie das Ansuchen um eine Grabungsbewilligung dreimal einreichen musste, "weil man im BDA zu blöd war, eine Ortschaft von einer Katastralgemeinde zu unterscheiden". Ein anderer Vertreter der archäologischen Zunft erklärte mir sinngemäß, dass es ganz grundsätzlich eine Frotzelei sei, wenn er als Universitätsprofessor für Archäologie bei einem BDA-Sachbearbeiter mit Masterabschluss, der wesentlich weniger Ahnung von der Materie hat als er selbst, umständlich um eine Grabungsbewilligung betteln muss. Es gehe hierbei vor allem um Machtausübung, nicht um rationelle Beweggründe.
Auch der als oberster Denkmalschützer posierende Christoph Bazil kommt bei den Rückmeldungen nicht gut weg. Im Einzelnen kann ich die Begriffe, mit denen er bedacht wurde, hier natürlich nicht wiedergeben. Allerdings darf ich den Lesern versichern, dass ich mich den negativen Einschätzungen nach der Recherche für diesen Blogtext weitestgehend anschließe. Meiner bescheidenen Meinung nach ist dieser Herr auf seinem Posten schlicht so deplatziert wie ein Veganer hinter der Verkaufstheke des Leberkas-Pepi.

PS: Wenn ein Vertreter des BDA, oder jemand anders, zu einer abweichenden Einschätzung kommt, dann ist er herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich entsprechend zu äußern.

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Samstag, 30. März 2024

🎧 Hörbares: Das versunkene Uruk und wie alles begann -- Das jungsteinzeitliche Massengrab in Thalheim -- "Sackgreiferinnen" -- Rechenmeister Adam Ries -- usw.


 Versunkene Orte - Uruk und wie alles begann | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Der Renaissance-Rechenmeister Adam Ries(e) | Spieldauer 15 Minuten | WDR | Stream & Info | Direkter Download

 5.3.1983: In Thalheim wird ein jungsteinzeitliches Massengrab entdeckt | Spieldauer 4 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download

 Diebinnen im 18. Jahrhundert – Die Alte Lisel und ihre Gaunerbande | Spieldauer 29 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download
"Sackgreiferin" - hört sich für mich nach der sexuellen Belästigung von Männern an 😄

 Singende Großmeister und tanzende Türme – Musik und Schach | Spieldauer 53 Minuten | SWR | Stream & Info 
Fun fact: Frauen können nicht nur im körperlichen Spitzensport mit Männern offensichtlich nicht mithalten (deshalb schaut auch kaum jemand Frauenfußball), sondern im geistigen Spitzensport wie etwa Schach sieht es ähnlich aus. Letzteres liegt daran, dass im besonders hohen IQ-Bereich Frauen stark unterrepräsentiert sind. Dabei handelt es sich um eine Tatsache aus der modernen wissenschaftlichen Intelligenzforschung, die so sicher ist wie das Amen in der Kirche. Nur selten wird man aber davon etwas in den Medien finden, handelt es sich dabei doch um eine Abrissbirne, die das ganze verlogene feministische Gleichmacherkonzept zum Einsturz bringen würde. Wenn man also aufgrund bildungspolitischer Maßnahmen mittlerweile an den Unis mehr Frauen als Männer unter den Studenten findet, dann ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Indikator für eine immense gesellschaftliche Fehlentwicklung. Und möglicherweise ist es ja auch ein Grund für die zunehmende Vertrottelung des Establishments, da dort nun über Quoten der Anteil an vergleichsweise doofen Frauen mit Uni-Diplomen künstlich nach oben getrieben wird? Man könnte, wenn man Feministinnen vollends zur Weißglut treiben möchte, auch sagen, dass das Patriarchat eigentlich nur eine logische Konsequenz aus genetisch determinierten Tatsachen ist. 😝
 
 Die Geschichte der Leuchttürme und Feuerschiffe - Rettende Wegweiser auf See | Spieldauer 22 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Das Kreuz - Zeichen des Widerspruchs und der Befreiung | Spieldauer 22 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download
Auch als Agnostiker, der besonders von institutionalisierter Religion nicht übermäßig viel hält, fühle ich mich vom christlichen Kreuz nicht 'getriggert'. Höchstens von Gottes Bodenpersonal, das ständig meint, politische Statements abgeben zu müssen. Wegen genau diesen Gestalten bin ich aus der Kirche ausgetreten. Derweil aber, ganz aktuell, im Amiland: Dort darf man sogar bei einem reichweitenstarken konservativen Internet-Sender mit überwiegend christlich-konservativem Publikum nicht einmal mehr als Moderatorin "Christ is King" sagen. Das führt umgehend zu Kündigung, weil es angeblich dem jüdisch-orthodoxen Mitbesitzer des Senders nicht gefallen hat. Die garstige Moderatorin habe, so tönt es, den Spruch doch nur losgelassen, um ihn, als orthodoxen Juden, zu ärgern. Vielleicht. Oder das ist eine Schutzbehauptung, weil der Sender mittlerweile mit Boykottaufrufen konfrontiert ist. Doch die Geschichte hat eine Pointe: Der besagte jüdische Mitbesitzer hat auf "X", wie fleißige Rechercheure rasch herausgefunden haben, sich mehrfach explizit über Jesus lustig gemacht, etwa hinsichtlich der Kreuzigung. Offenbar legt er an sich andere Maßstäbe wie an seinen Mitarbektern an. Da kann ich leider wieder einmal nur feststellen: Heuchlerische Religioten, wohin das Auge auch blickt. 

Donnerstag, 28. März 2024

📽️ Videos: Der Mann Nummer 4926 starb am Kreuz -- Das Steinzeitexperiment des "Schwarzwald-Ötzi" -- Das faszinierende Rom-Modell von Italo Gismondi -- usw.


 Tod am Kreuz: Der Mann Nummer 4926 | Spieldauer 52 Minuten |  arte | Stream & Info 
Zitat: Eine sensationelle Entdeckung in Großbritannien erlaubt neue Einblicke in Leben und Tod des Römischen Reiches. Es geht um das erste unversehrte Skelett eines römischen Kreuzigungsopfers, das jemals entdeckt wurde. An ihm wird eine forensische Untersuchung durchgeführt – mit CT-Scans, DNA-Profilierung, Isotopenanalyse und modernster forensischer Bildgebungstechnologie. Apropos "Kreuzigung". Dazu habe ich vor einer halben Ewigkeit mal einen kleinen Blogtext geschrieben.

 Neue Entdeckungen bei Ausgrabungen in Pompeji | Spieldauer 1 Minute | ORF | Stream & Info
Davon hat der Archäologe Darius Arya auf einem seiner beiden Youtube-Kanäle schon vor Wochen berichtet (ich habe darauf verlinkt). Und jetzt kommt der ORF daher und tut in einer Nachrichtensendung so, als ob das erst vor ein paar Tagen gewesen wäre. Außerdem frage ich mich: Hat der Zuchtriegel nach der Verleihung der italienischen Staatsbürgerschaft eigentlich schon seine deutsche Muttersprache verlernt? Kann der auch kein Englisch? Den hört man nämlich fast immer nur Italienisch reden; ähnliches gilt für diverse offizielle Social-Media-Präsenzen des Freilichtmuseums Pompeji.  Was für eine international dermaßen bedeutende archäologische Stätte eine eher depperte Kommunikationsstrategie ist. Wenn ich das einmal so sagen darf.

 Markus Klek als "Schwarzwald-Ötzi" ist zurück vom seinem Steinzeit-Experiment in Südlappland | Spieldauer 11 Minuten | SWR | Stream & Info 
"Paläotechniker" - habe ich bisher noch nie gehört, diesen Begriff. Reicht "Experimentalarchäologe" oder "Archäotechniker" nicht mehr aus? ^^

 Explore the largest model of Imperial Rome | Spieldauer 9 Minuten | Ancient Rome live | Stream & Info 
Das gewaltige Rom-Modell von Italo Gismondi fasziniert mich schon seit vielen Jahren (es war halt nicht alles schlecht, unterm Mussolini 😁). Ein echtes Modell hat einfach eine ganz andere Qualität als eine Computerrekonstruktion. Wobei man heute natürlich mit dem Computer, in Kombination mit 3D-Druckern, schon einiges zaubern kann.


 Fischschwanzdolche – Imitation in Perfektion | Spieldauer 5 Minuten | Landesmuseum für Vorgeschichte Halle | Stream & Info



 Harald Meller trifft Roberto Risch, Professor für Prähistorische Archäologie | Spieldauer 150 Minuten | Landesmuseum für Vorgeschichte Halle | Stream & Info 



Mittwoch, 27. März 2024

💀 Herodot: Die Schlacht von Pelusium und ein kurioser Bericht über persische und ägyptische Totenschädel


Der weitgereiste antike Geschichtsschreiber Herodot von Halikarnassos hat uns in seinem Werk "Historien" eine Unzahl an Begebenheiten überliefert, von denen viele beim modernen Leser Erstaunen oder gar Skepsis hervorrufen. In einer dieser Überlieferungen geht es um die Schlacht von Pelusium (Pelousion) zwischen einem persischen Heer unter Kambyses II. und einem ägyptischen Aufgebot unter Pharao Psammenitos III. (Psammetich). 
Die Perser gingen aus dieser im Jahr 525 vor Christus ausgetragenen Streitigkeit als Sieger hervor, nicht zuletzt wegen des Verrats des in ägyptischen Diensten stehenden griechischen Generals Phanes, der übrigens zufälligerweise aus der gleichen Stadt wie der etliche Jahrzehnte später geborene Herodot stammte. Dieser berichtete nun in seinem Geschichtswerk über, wie er es nennt, "ein großes Wunder", das sich als Folge der Schlacht offenbart haben soll.

Ich habe aber ein großes Wunder gesehen, nachdem ich von den Bewohnern jener Gegend davon gehört hatte: Die Gebeine der in dieser Schlacht Gefallenen waren nämlich je für sich getrennt aufgeschichtet - die Gebeine der Perser lagen separat, wie sie von Anfang an getrennt worden waren, und auf der anderen Seite die der Ägypter -, und von ihnen sind die Schädel der Perser so dünn, dass man sie durchlöchern wird, wenn man mit einem einzigen Steinchen auf sie werfen will, die der Ägypter dagegen so fest, dass man sie kaum zerschmettern kann, wenn man mit einem großen Stein darauf schlägt.
Als Grund dafür nannten sie folgenden - und überzeugten mich damit leicht -, nämlich dass die Ägypter gleich von Kindheit an ihren Kopf scheren, und in der Sonne wird der Knochen hart. Eben das gleiche ist auch der Grund, weshalb sie nicht kahlköpfig werden; unter den Ägyptern nämlich dürfte man die wenigsten Kahlköpfe von allen Menschen sehen. 
Für sie also ist das der Grund, dass sie harte Schädel haben, für die Perser aber ist der Grund, dass sie dünne Schädel haben, folgender: Die Perser tragen von Jugend an eine Tiara aus Filz und haben auf diese Weise ihren Kopf bedeckt. Dies also ist so; diesem Vergleichbares aber sah ich in Papremis, bei denen, die zusammen mit Achaimenes, dem Sohn des Dareios, von dem Libyer Inaros vernichtet wurden."
Herodot | Historien Buch 3,12,1 | Verlag Alfred Kröner, 2017

Die Gebeine der Gefallenen waren demnach noch zu Herodots Zeiten irgendwo gelagert worden, und zwar in einer Weise, dass sie besichtigt werden konnten. Doch geht das überhaupt mit den damaligen persischen Toten- bzw. Bestattungsritualen konform? Ägypten war zu Herodots Zeiten schließlich eine persische Satrapie/Provinz. Dass freilich Herodot, der ja persönlich in Ägypten war, sich diese Geschichte komplett aus den Fingern gesogen hat, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Ob allerdings seine originell anmutende Interpretation für die beobachtete unterschiedliche Schädeldicke richtig ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Macht viel Sonnenlicht wirklich den Schädelknochen signifikant härter/dicker? Oder kann es dafür andere Gründe geben? Etwa fußend auf einer unterschiedlichen Ernährungsweise bei den Persern und Ägyptern? Was wohl moderne Anthropologen und Mediziner dazu sagen? 

Hinzu kommt, dass sowohl im persischen wie auch im ägyptischen Heer jede Menge griechische Söldner dienten. Bei den Ägyptern zum Zeitpunkt der Schlacht von Pelusium eventuell nicht mehr ganz so viele, nachdem der griechische General Phanes sich vom Acker gemacht hatte. Hingegen bei den Persern ganz bestimmt. Von den Kämpfern anderer Völkerschaften, die freiwillig oder unfreiwillig in persischen Diensten standen, ganz zu schweigen. Das persische Heer war ethnisch also nicht homogen. Wenn nun Herodot von "Persern"  spricht, deren Schädelknochen wegen der bei ihnen anzutreffenden traditionellen Kopfbedeckungen so dermaßen dünn gewesen sein sollen, dann stellt sich schon die Frage, ob das überhaupt mit dem Umstand, dass das persische Heer ein Völkergemisch darstellte, konform geht. Es sei denn natürlich, Herodot hat ein Beinhaus (?) besucht, das explizit für Soldaten persischer Herkunft vorgesehen war, aber nicht für Söldner anderer Ethnien. Was sehr gut möglich ist. Nichtsdestotrotz bleibt der obige Bericht rätselhaft.

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